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HauptAutorin: Roswitha Paetel

© Magnus Aspelin

Sie ist sozusagen in ihr neues Buchprojekt hineingestolpert. Roswitha Paetel bleibt auch im zweiten Buch ihrem Lieblingsmaterial Pulp treu und erweitert es um Papier und Pappe. Hier erzählt sie, wie das Kinderwerkbuch entstanden ist, welche Erkenntnisse sie daraus ziehen konnte und wovon die Kinder begeistert waren.

«Papier, Pappe, Pulp» heißt ihr neu erschienenes Buch. Was sind die Vorteile dieser drei Materialien und was haben sie gemeinsam?

Weggeworfene und nicht beachtete Alltagsmaterialien haben mich als Künstlerin schon immer magisch angezogen. Altem Papier und Kartonagen neues Leben einzuhauchen, ist ein zentrales Thema meiner Kunst. Ich liebe es, mit Papier, Pappe und Pulp zu arbeiten. Die drei Materialien ermöglichen es mir sowohl flächig, als auch dreidimensional zu gestalten. Außerdem sind sie leicht zu beschaffen, einfach zu verarbeiten und die dazu benötigten Werkzeuge sind in jedem Haushalt zu finden. Die Materialien bieten damit auch ideale Voraussetzungen für das Basteln mit Kindern.

© Roswitha Paetel

Ihr Buch ist im Rahmen der Kinder-Kunstschule entstanden. Wann haben Sie gemerkt, dass aus den Erfahrungen und Erlebnissen in den Kursen ein Buch entstehen könnte?

In dieses Buch-Projekt bin ich Hals über Kopf hineingestolpert. Ich erhielt eine Woche nach der Abgabe des Manuskripts für mein erstes Buch «Pulp-Art» einen Anruf eines ehemaligen Kommilitonen. Dieser suchte dringend einen Ersatz für eine ausgefallene Dozentin in seiner Kinder-Kunstschule. Ursprünglich hatte ich für «Pulp-Art» ein Konzept entwickelt, das auch Bespiele für Kinder zeigen sollte. Die Idee hatte ich aber verworfen. Als dann der Anruf kam, habe ich mich spontan entschlossen, den Kurs zu übernehmen und ein weiteres Buch für Kinder über meine Lieblingsmaterialien Papier, Pappe und Pulp zu machen.

Die Projekte im Buch sind sehr kindergerecht. Gab es dazu Anregungen seitens der Kinder?

Das Konzept für «Papier, Pappe und Pulp» entwickelte sich im Laufe des Kurses. Da ich die Kinder von Anfang an mit einbezogen hatte, flossen jede Menge Impulse von den Kindern in das Buch ein.

© Roswitha Paetel

Wie hat sich die Zusammenarbeit mit den Kindern gestaltet? Was war die größte Herausforderung?

Ich habe den Kindern viel Freiraum gelassen, indem ich Vorschläge einbrachte, die von ihnen umgeändert oder vollkommen neu gestaltet werden konnten. So hatte ich zum Beispiel einmal Fotos von meinen Skulpturen aus Pulp gezeigt. Daraufhin wollten die Kinder unbedingt auch «richtige» Plastiken machen. Die Ergebnisse sprechen für sich: Die Tierplastiken sowie die Portraits sind wirklich toll geworden. Herausgefordert war ich am meisten von den unterschiedlichen Arbeitsrhythmen der Kinder. Einige Kinder waren sehr schnell, andere hingegen eher langsam.

In Ihrem Vorwort erzählen Sie von der beruhigenden Wirkung des Bastelns auf die Kinder. Haben die Kinder heutzutage zu wenig Zeit, um sich künstlerisch auszuleben und auszuprobieren?

Ich war wirklich erstaunt darüber, wie stark schon die kleinen Kinder heutzutage eingebunden sind. Sie verfügen kaum noch über freie Zeit, die sie selbst gestalten oder einfach vertrödeln können. Es gab Tage, an denen die Kinder völlig überdreht, total albern oder schlapp und lustlos in die Kinder-Kunstschule kamen. Ich konnte beobachten, dass besonders dann das Arbeiten mit Pulp sie wieder zurück «auf den Teppich brachte». Manchmal mochten die Kinder auch einfach nur mit dem Pulp herummatschen, ohne zu einem konkreten Ergebnis zu kommen. Die sinnliche, körperliche Erfahrung des Modellierens hat sie offensichtlich geerdet.

Welches Projekt eignet sich am besten für den Einstieg?

Da jedes Kind einzigartig ist und unterschiedliche Fähigkeiten mitbringt, würde ich sagen: Lassen Sie das Kind selbst entscheiden, wozu es Lust hat. Das Alter der Kinder in den Beispielen gibt nur einen Richtwert vor. Außerdem darf auch mal was daneben gehen, da auch hierbei wichtige Erfahrungen gemacht werden.

Pulp ist ein Material, mit dem Sie sich schon länger beschäftigen und auch in Ihrem ersten Buch «Pulp-Art» verwendet haben. Wie sind Sie auf dieses Material gestoßen?

Während meines Grundstudiums habe ich verschiedene Bildhauertechniken und Materialien ausprobiert und die klassischen Techniken für mich verworfen. Entweder waren mir die Materialien wie Stein, Gips oder Bronze zu schwer, oder neuere Techniken wie z.B. der Kunststoffguß zu umweltschädlich. Außerdem war für mich immer das Vergängliche, Unscheinbare interessant. Die große Geste, Skulpturen für die Ewigkeit zu schaffen, hat mich nie interessiert. Darüber hinaus war mir der ökologische Aspekt beim Arbeiten mit Recyclingmaterialien immer sehr wichtig.

Haben Sie ein Lieblingsprojekt aus dem Buch? Wenn ja, welches?

Ja sicher, die Pulp-Projekte! Meine Leidenschaft gilt allen drei Materialien, aber am liebsten ist mir der Pulp. Genau wie die Kinder liebe ich es, mit dem sinnlichen Material zu arbeiten, weil ich dabei wunderbar in meine Welt eintauchen und mich entschleunigen kann.

© Sigrid Keil

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