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Holzkohle – Es war einmal das schwarze Gold

Helmut W. Rodenhausen hat mit «Holzkohle – vom schwarzen Gold zur Glut im Grill» eine reich bebilderte Kulturgeschichte geschaffen, in welcher er die vielen Facetten der Holzkohle aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet. Der sorgfältig gestaltete Band – das Buch sieht mit dem schwarzen Farbschnitt aus wie ein überdimensioniertes Stück Holzkohle – eignet sich auch wunderbar als Geschenk – nicht nur für passionierte Grill-Fans.

In seinem Gastbeitrag gibt er einen ersten Einblick in die spannende Geschichte des «schwarzen Goldes».

© Petra Meyer

Kaum ein anderes Produkt, kaum ein anderer Rohstoff in unserer Zivilisation hat die Welt derart verändert wie die Holzkohle – und wir uns mit ihr. Als die frühen Hominiden entdeckten, dass sich Holzkohle anders verhält als ein einfaches Holzfeuer, begann eine rasende Entwicklung.

Mit Holzkohle ließ sich Keramik brennen. Noch glühende Kohle konnte in Gefäßen transportiert werden, um an einem anderen Ort sehr schnell erneut ein Feuer anzufachen (auch bei der berühmten Gletschermumie «Ötzi» hatte man ein Glutgefäß gefunden).

Oft sind es Zufälle, die der Zivilisation einen neuen Kick geben. Erstaunlich, wie oft die Holzkohle oder die Verkohlung von fossilem Material dabei eine Rolle spielte. Wie zum Beispiel, als die Vorfahren das Verkohlen von Birkenbast und -rinde entdeckten. Dabei entstand ein Universalkleber erster Güte: das Birkenpech. Die geschärften Steinklingen konnten rascher und sicherer an den Speeren und Pfeilspitzen befestigt werden.

© Simon Meyer

Der Landwirt und Köhler bei der Herstellung von Holzkohle im Kohlemeiler auf der Pilgeregg im Entlebuch. Das Foto entstand anlässlich der Dreharbeiten zum Dokumentarfilm «Köhlernächte» von Robert Müller. © Simon Meyer

Jahrtausende später wieder ein solcher Moment: Diesmal mit einem verkohlten Faden eines Bambusstabes. Ein gewisser Heinrich Göbel, 1832 im Hannover’schen Ort Springe mit einem der schlechtesten Zeugnisse seines Jahrgangs von der Schule abgegangen, experimentierte später in den USA als einer der Ersten mit Elektrizität. Er wollte Licht nicht mehr mit Petroleumlampen, sondern mit helleren Glühlampen erzeugen.

Seine Erfindung, die er allerdings nicht patentieren ließ, bestand aus einer leeren Eau-de-Cologne-Flasche. Er erzeugte darin ein Vakuum und schloss einen Holzkohlefaden darin ein, verkohlt aus Bambusfaser. Der wiederum konnte erneut zum Glühen gebracht werden. Später stritt Göbel mit Edison um seine Erfindung. Richtig Licht ins Dunkel dieser Erfindung der Glühlampe konnte bis heute nicht gebracht werden. Der glühende Faden aber bleibt Tatsache.

© Helmut W. Rodenhausen

In der Zwischenzeit, als mit den Völkerwanderungen Handel und Tausch zum Alltag gehörten und viel Wissen weitergegeben wurde, brachte es Holzkohle zum Alltagsrohstoff: Was beim Transport von Wasser, Wein, Bier in ersten Fässern für die Dichte und teilweise für «Keimfreiheit» sorgte, hat mit Holzkohle zu tun. Was bei der Glasherstellung die Pottasche bedeutete, hat mit Holzkohle zu tun. Was es nur wenige Jahrhunderte vor Drucklegung dieses Buches beim Buchdruck mit der Druckerschwärze auf sich hatte, ist mit Holzkohle zu erklären.

Holzkohle ist von der Entwicklung der Zivilisation ebenso wenig zu trennen wie glühende Fäden von der Erfindung der Glühlampe. Holzkohle benötigte man, um Eisen und andere Metalle zu schmieden, um Darmverstimmungen zu beheben und um Böden fruchtbarer zu machen. Ganz abgesehen davon, dass man damit heizen konnte. In zahlreichen zugigen Schlössern und Burgen standen Kohlebecken in den Räumen, so wie heute elektrische Heizstrahler oder Umluftöfchen in Altbauwohnungen.

© Helmut W. Rodenhausen

© DI Johann Daum, Oberhofen, Inntal / 2010

Und heute: Barbecues und Grilladen sind die ersten Stichworte, die einem bei Holzkohle in den Sinn kommen. Aber auch Terra Preta, die schwarze Erde, die dank Holz und Biokohle nachhaltig fruchtbar bleibt. Oder gar Kohlenstoffe in der Halbleiter und Solartechnik.

Immer wieder aber kommen die Gespräche über Holzkohle auf das Thema Tropenholz – mit der unsinnigen, kurzsichtigen Abholzungen riesiger Flächen. Da könnte man aus der Vergangenheit in unseren Regionen viel lernen. Denn auch hier bei uns war Kahlschlag und Waldvernichtung im großen Stil ein zentrales Problem.

© Reinhard Peitsch, Turnverein 1868 e.V.

Was bei allem natürlich nicht vergessen wurde: Holzkohle gibt einem guten Grillabend die richtige Grundlage. Darum verrate ich im Buch auch einige Grillrezepte – und es werden Hinweise gegeben, wo und wann man an einem Köhlerfest den Holzköhlerinnen und -köhlern bei der Arbeit zusehen kann.

Wer mit einer solchen Holzkohle das nächste Steak grillt, wird den Unterschied schnell merken.



© Tom Stocker

Helmut W. Rodenhausen, Autor verschiedener Fachbücher und Biografien, hat mit Köhlern und Förstern diskutiert und japanischen Teemeistern bei der Glutherstellung zugeschaut. Heute grillt er anders als vorher.

 Buchcover