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Ein Jahr am Rhein

Im Zusammenhang mit meinem neusten Werk «Natur und Landschaften von Zürich und Schaffhausen» wurde ich gefragt, welches denn mein Lieblingsort in diesem Gebiet sei. Müsste ich mich – ungern – auf nur einen beschränken, fiele die Wahl auf den Rhein. Wechselnden Stimmungen, Wasserphänomenen, Pflanzen und Lebewesen spüre ich mit der Kamera im Lauf der Jahreszeiten nach. Als passionierter Naturfotograf habe ich mit Eglisau einen privilegierten Wohnort direkt am Ufer.

Frühling

Am Rhein ist auch schlechtes Wetter schön. Eine Kaltfront ist vorbeigezogen; am Abendhimmel dreht sich ein düsterer Wolkenwirbel. Hagelschlag, Sonnenschein und Sturmböen folgen sich in kurzer Folge. Die Rheinbrücke dient, wie so oft, als ideale Fotobasis.

© Jürg Alean

Den Rhein teilen wir Anwohner mit dem Biber. Sein unermüdliches Wirken ist allgegenwärtig und kaum zu übersehen; er selber hält sich – aus Erfahrung klug oder zumindest seit Generationen konditioniert – lieber bedeckt. Hautnahe Begegnungen, mit der Kamera zur Hand, lassen sich mit Geduld und Ausdauer herbeiführen, sofern man weiß, wie und wo. Wichtigste Regel: Vor dem Biber da sein, das Tier muss zum Fotografen kommen – umgekehrt geht nicht.

© Jürg Alean

Sommer

Nach Partnersuche und Balz im Frühling folgen im Reich der Wasservögel Nestbau, Brut, Pflege und Aufzucht des Nachwuchses. Trefflich lässt sich im Sommer während Wochen das Heranwachsen der Jungmannschaft mitverfolgen. Hotel Mamma ist auch ein Schiff …

© Jürg Alean

Gestört wird die Idylle durch gelegentliche Gewitter und Hochwasser. Zwar regulieren Kraftwerke den Wasserstand in ihrem Staubereich. Wo der Fluss aber noch frei läuft, überflutet er Auen, gestaltet Ufer um, die Fotopirsch erfordert mehr Vorsicht als sonst und hat auch mal nasse Füße zur Folge. In einen unterirdischen Kanal einströmendes Wasser bildet einen Strudel – ein ebenso ungewohntes wie dankbares Fotosujet:

© Jürg Alean

Herbst

Die Geschichte vom brennenden Busch kam mir in den Sinn, als die tief stehende Abendsonne Geäst und Blattwerk am Alten Rhein in leuchtende Farben tauchte. Das bei der Rheinkorrektion im 19. Jahrhundert geschaffene stille Wasser bei Rüdlingen ist heute Lebensraum vieler Standvögel und Raststation für Zugvögel. Hier kommt die Kamera zu jeder Jahreszeit zum Einsatz, aber kaum häufiger als an goldenen Herbsttagen.

© Jürg Alean

Für uns Ruderer bringt der Herbst besonders gute Bedingungen zur Ausübung des geliebten Sports: bei Windstille spiegelglattes Wasser, keine Beeinträchtigung durch wellenschlagende Motorboote und zauberhafte Stimmungen im langsam sich lichtenden Nebel. Da ist der leidenschaftliche Fotograf – hier an der roten Jacke erkennbar – gerne auch einmal ohne Kamera unterwegs.

© Peter Koch

Winter

Unverhoffte Begegnung an einem sonnigen Wintertag: Erst setzt sich der Eisvogel unerwartet wenige Meter neben mir auf ein Brückengeländer. Ob er mich in gedankenversunkener Bewegungslosigkeit nicht als Menschen – und damit als potentielle Gefährdung – wahrgenommen hat? Jedenfalls widmet er sich gleich darauf seinem arttypischen Stoßtauchen. Von luftiger Warte stürzt er sich blitzschnell ins kristallklare Wasser, um dort sekundenschnell ein Fischlein zu erbeuten.

© Jürg Alean

Wasser, Wellen, Winterfarben: Einmal mehr bietet der Rhein nur flüchtig gespiegelte, doch nicht minder lohnende Ziele für das Kameraobjektiv. Auch das Unscheinbare ins rechte Licht zu rücken, heimische Naturphänomene zu erkunden, dokumentieren und erklären, wurde mir durch das Buchprojekt «Natur und Landschaften von Zürich und Schaffhausen» zu einer erfüllenden und dankbaren Aufgabe.

© Jürg Alean

Mehr Infos zu Jürg Alean auf SwissEduc und Natur und Landschaft.

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